Samstag, 11. November 2017

Martini-Markt bei Waldorfens

Wir waren heute auf dem Martini-Markt der örtlichen Waldorfschule.

Jedes, wirklich jedes Klischee wurde erfüllt. Angefangen beim blasierten Geldadel: (man stelle sich nun die Stimme einer offensichtlich sehr gut situierten, völlig überschminkten und overdressed Highfidelity-Pressluftschuppentussi vor) „Hach, weißt Du, wir waren ja dieses Jahr an meinem Geburtstag in Südafrika. Das war so schön dort, das glaubt ihr nicht! Wir mussten ja glatt eine Woche verlängern! Und zu seinem (die Rede war vom Gatten) Geburtstag fahren wir dann nach Kambodscha und Laos...“

Weiter ging es mit der Fraktion der (Lebens)künstler mit selbst gefilzten Klamotten und sehr interessanten Frisuren - und Haarfarben, deren Kinder grundsätzlich mit Doppelnamen wie Jonte-Frederik oder Malte-Laurin gerufen wurden. Ich frage mich, wo diese Menschen im normalen Alltag sind. Auf dem Marktplatz oder im Supermarkt trifft man sie jedenfalls nicht.

Als ich dann am Kuchenbüffet den lactosefreien Käsekuchen mit Dinkelmehlboden zwischen der glutenfreien Schokoladentorte und den veganen Chiasamenpuddinggläschen stehen sah, war ich kurz davor, Schnappatmung zu bekommen.

Allerdings muss ich neidlos anerkennen: Auf dem Gelände mit dem Abenteuerspielplatz wäre ich gerne zur Schule gegangen. Raphael hat es so gut gefallen, dass er nur ohne Schuhe und Hose ins Auto steigen durfte und er zu Hause die Wahl zwischen Kärcher und Badewanne hatte.

Wir gehen nächstes Jahr wieder hin. 😉

Montag, 25. September 2017

Kommentar: Tag 1 nach der Wahl

Parteichefin Petry will nicht mehr mit ihrer Fraktion spielen und macht bei der Pressekonferenz die Weidel. Weidel und die restliche Meuthe fordern sie auf, die Partei zu verlassen. Man fragt sich, ob Gauland nun mit einem kräftigen Hallali und stramm gebundener Dackelkrawatte nun auch die Jagd aus sie eröffnet. 

Die CSU will evtl. eine eigene Fraktion bilden. Wäre dann übrigens die kleinste Fraktion. Netter Gedanke! Klar, man hat die bajuwarische Landtagswahl 2018 im Blick und möchte sich von Mutti emanzipieren. Dass der Spitzenkandidat der CSU Joachim Herrmann kein Mandat im Bundestag errungen hat, lässt schmunzeln. 

Schulz hat sich bereits gestern Abend um Kopf und Kragen geredet und sich als schlechter Verlierer auch für die verbleibende Wählerschaft nicht sympathischer gemacht. Die heutige Wiederholung der Bekräftigung, tatsächlich nicht in die Verantwortung sondern in die Opposition zu wollen, zwingt Jamaika an den Tisch. 

Soweit liegen Grüne und FDP in einigen Punkten nicht auseinander, in anderen überwiegen Ideologien die Sachfragen. Lachende Dritte ist Merkel, sie kann sich genüsslich zurücklehnen und das Ringen zwischen Lindner und Özdemir genießen. Kommt es zu einer Einigung und zur Koalition, bleiben die Erfolge CDU-Erfolge, die Misserfolge fallen, wie seit 12 Jahren, dem Koalitionspartner zu. Auch wenn ich persönlich Jamaika für interessant halten würde und ich den Grünen in vielen gesellschaftlichen Fragestellungen mehr Sympathien entgegenbringe als der CDU , werden FDP und Grüne in vier Jahren geschwächt daraus hervorgehen, egal, wie viel Programmatik man durchgesetzt hat. 

Sollte man sich nicht einigen können... Lindner hat nicht Unrecht, merkte er heute doch an, dass es am ersten Tag nach der Wahl verantwortungslos gegenüber dem Wähler ist, direkt nach Neuwahlen zu rufen. Bliebe eine Alternative. Nein, nicht die für Deutschland, sondern erstmalig auf Bundesebene eine Minderheitsregierung. Dann müsste die CDU sich die Stimmen tatsächlich in der Sache bei der großen Opposition, also bei der GroOp holen und wirklich überzeugen. 

Das wäre doch tatsächlich einmal mutig. Und etwas Neues! 


Schon nach dem ersten Tag steht eines für mich fest: Ich brauche in dieser Legislaturperiode Popcorn. Viel Popcorn!

Mittwoch, 26. Juli 2017

Das erste Zeugnis!

Heute gab es das erste Zeugnis. Die Formulierungen der Lehrerinnen bringen einen doch immer wieder zum Schmunzeln. Grund genug für eine Zeitreise ins Jahr 1985, einmal ins eigene Zeugnis der 1. Klasse zu schauen und es mit Raphaels zu vergleichen.





Da heißt es unter anderem:
"Björn bewies in der Klassengemeinschaft Kontaktfähigkeit und Hilfsbereitschaft. Jedoch fiel es ihm schwer, seinen Äußerungsdrang zu zügeln. Mit den Dingen des Schulgebrauchs ging er meist zweckentsprechend um."
Äußerungsdrang? Ich? Frechheit! Und was heißt hier "meist"?
"Raphaels Verhältnis zu seinen Lehrerinnen war sehr herzlich. Struktur und Ordnung mit Schulmaterialien sind noch eine Herausforderung."

Würde ich sofort unterschreiben! Man könnte aber auch sagen, dass er mit den Dingen "meist zweckentsprechend umging." ;-)

"Björn folgte dem Unterricht sehr interessiert und beteiligte sich durch eigene Beiträge. Bei schriftlichen Arbeiten hatte er jedoch - infolge seiner leichten Ablenkbarkeit - Mühe, die Arbeitsaufträge in der vorgegebenen Zeit und der nötigen Sorgfalt durchzuführen."

"Raphael arbeitete im Unterricht interessiert mit und war mit seinem Allgemeinwissen immer wieder eine Bereicherung für die Klasse. Bei Unterrichtsgesprächen konnte er gut mitarbeiten. Seine Beiträge waren gut formuliert. Kleine schriftliche Arbeitsaufträge konnte er nicht immer durchhalten, da ihm diese Tätigkeit ein hohes Maß an Selbstdisziplin abverlangt."

Tja... Wie sich die Geschichte doch wiederholt. Ein Blick in die eigene Vergangenheit hilft, die Sorgen, Nöte und Besonderheiten des Nachwuchses besser zu verstehen.




Freitag, 7. Juli 2017

Kommentar zu den "friedlichen Protesten" beim G20 in Hamburg

"Friedlicher Protest? Ihr seid nur eins: Terroristen!"

Folgendes Zitat aus Marc-Uwe Klings "Die Känguru-Offenbarung" wird von politisch Linken immer und immer wieder gebetsmühlenartig wiederholt, um die "traditionellen" Krawalle am 1. Mai oder jetzt anlässlich des G20-Gipfels zu verharmlosen:

»Ob Links-oder Rechtsextremismus – da sehe ich keinen Unterschied.«
»Doch, doch«, ruft das Känguru laut dazwischen. »Es gibt einen Unterschied. Die einen zünden Ausländer an, die anderen Autos. Und Autos anzünden ist schlimmer. Denn es hätte mein Auto sein können. Ausländer besitze ich keine.«

An die linken Vollidioten, den schwarzen Block, der Hamburg in bürgerkriegsähnliche Zustände versetzt hat und an all die Relativierer:

Bullshit! Unrecht lässt sich nicht mit Unrecht aufwiegen! Und wenn es angeblich nur gegen das Establishment gehen soll, warum werden dann Autos des Roten Kreuzes abgefackelt (siehe Pressemitteilung)? Nennt man das in Kreisen gewaltbereiter Demonstranten mittlerweile zynisch Kollateralschaden? Ebenso die Verletzten, die unbeteiligt waren oder tatsächlich nur friedlich demonstrieren wollten, die von den Chaoten als menschliches Schutzschild mißbraucht wurden? Was ist mit den Ladenlokalen, mit den Einzelhändlern und mit sonstigem Privateigentum, das mitnichten nur "Bonzen" gehört, das zerstört wurde?
Natürlich sei die Polizei schuld an den Ausschreitungen, es habe ja Polizeigewalt gegeben - wird als Argument gerne angeführt. Darauf nur ein "Fuck you!" Wer Bengalos, Feuerwerkskörper, Molotow-Cocktails, Schlagstöcke und andere Waffen mit zu einer Demonstration bringt, war von vornherein auf Krawall aus. Ich habe für diese Chaoten nur Verachtung übrig - und ich meine damit explizit nicht den großen Anteil derer, die lediglich von ihrem Grundrecht zur Versammlungsfreiheit Gebrauch machen wollten.

Mein Mitgefühl den unschuldig zwischen die Fronten Geratenen sowie den verletzten Beamten. Den Helferinnen und Helfern der Hilfsorganisationen wünsche ich eine gesunde Heimkehr und ich hoffe, dass die nächsten Stunden und die kommende Nacht friedlicher verlaufen wird.

Freitag, 16. Juni 2017

Der Beamtenschimmel wiehert

Heute habe ich zwei Zitate, mit denen ich den Blog beginnen möchte:

Zitat 1: "Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu eintausend EURO geahndet werden."

Zitat 2: Meyers Konversationslexikon definierte 1894 „Büreaukratie“ folgendermaßen: „Büreaukratie (franz.-griech., „Schreibstubenherrschaft“), Bezeichnung für eine kurzsichtige und engherzige Beamtenwirtschaft, welcher das Verständnis für die praktischen Bedürfnisse des Volkes gebricht.“

Irgendwann verwalten wir uns zu Tode. Die letzten acht Tage genau so erlebt:

In der Kfz-Zulassungsstelle, nach einer Stunde Wartezeit:

"Guten Tag, ich würde gerne ein Firmenfahrzeug anmelden. Papiere, Versicherungsnummer, Einzugsermächtigung für die Steuer und last but not least aktueller Auszug aus dem Handelsregister, der mich als Einzelvertretungsbevollmächtigten der GmbH und die Verlegung des Firmensitz in den Landkreis bestätigt, habe ich dabei."

Die nette Dame (verkürzt zitiert):

"Tut mir leid, wir benötigen noch die Gewerbeanmeldung. Wir schließen jetzt, kommen Sie morgen wieder."

Gewerbeanmeldung? Da steht nicht wirklich viel anderes als im Handelsregisterauszug. Aber nun ja, im Büro die Akten gewälzt, am nächsten Tag wieder zur Zulassungsstelle, zur Sicherheit mit dem dicken Ordner mit allen evtl. relevanten Firmenunterlagen wie Gewerbeanmeldung, Steuerunterlagen, Handelsregisterauszügen usw. Man weiß ja nie! Da erhielt ich dann folgenden Hinweis, dass bei der Firma ja eine Sitzverlegung stattgefunden hat.
"Ja", erwiderte ich, "sagte ich gestern bereits. Und das steht ja genau so im Handelsregisterauszug". Das reicht aber nicht, belehrte mich die Dame. Ich müsse jetzt das Gewerbe an der alten Adresse ab- und an der neuen Adresse anmelden. Ausnahmsweise würde sie aber die alte Gewerbeanmeldung akzeptieren, ich könne das Fahrzeug zulassen. Yay, welch Freude!

Wie es der Zufall will, kam jetzt die amtliche "Aufforderung zur Erfüllung der Meldepflicht" gem. § 14 der Gewerbeordnung. Die Nichtmeldung sei eine Ordnungswidrigkeit und könne mit einer Geldbuße bis zu 1.000 € geahndet werden.

Ernsthaft? Unsere Behörden schaffen es nicht, sich derart zu vernetzen, dass so ein bürokratischer Unsinn vermieden werden kann? Selbst wenn ich die Anmeldung (trotz Eintragung im Handelsregister) noch nachvollziehen könnte: Man muss sich trotzdem noch in der vorhergehenden Stadt aktiv abmelden? Es ist also zu viel verlangt, dass sich Behörde A mit Behörde B in Verbindung setzt und sagt: "Pass ma auf Kollege, die Firma ist jetzt bei uns!"?

Ich kann das ganze auch nicht digital erledigen (zumindest in den hier beteiligten Kommunen, es mag sein, dass das anderswo anders geregelt ist), man muss sich ja persönlich ausweisen bei der Anmeldung? Wir sprechen von einem digitalisierten Zeitalter, meißeln aber buchstäblich unsere Gesetze und Arbeitsabläufe der Verwaltung in Steintafeln?

Immer wieder erinnere ich mich an die Szene bei Asterix mit dem Haus, das Verrückte macht. Nur bei uns ist es ein ganzer Staatsapparat, der dem Volk bürokratische Hürden in den Weg legt.

#wiehernderBeamtenschimmel #Entbürokratisierung #Vernetzung #Digitalisierung

Freitag, 5. Mai 2017

"Smartphones für Kinder unter 14 sind gefährlich" - Kommentar zum heutigen SWR3-Topthema


"Smartphones für Kinder unter 14 sind gefährlich" - sagt Prof. Manfred Spitzer. Er geht sogar soweit zu behaupten, der Handykonsum mache "es wahrscheinlicher, eine Zuckerkrankheit oder Bluthochdruck zu bekommen. Durch den höheren Stress nimmt außerdem die Immunabwehr ab, was Infektionskrankheiten fördern kann. Hinzu kommen Schlafstörungen und Sehstörungen. Das ist ebenfalls nachgewiesen." Quelle
So so...

Nun, Prof. Spitzer ist nicht unumstritten. Vom SWR hätte ich eine etwas differenzierendere Sichtweise erwartet. Die Süddeutsche hatte 2012 zu seinem Buch "Digitale Demenz" einen sehr kritischen Standpunkt eingenommen. Spitzer "bleibt einseitig und schreibt nicht wissenschaftlich, sondern montiert populistisch zusammen, was nicht zusammenpasst. Dass er sich als Hirnforscher bezeichnet, ist angesichts seiner in der vergangenen Dekade fast nur populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen fast so gewagt, als würde sich Michael Schumacher als Maschinenbauingenieur bezeichnen." Quelle

Kommentar:

Bis die Bücherei aufmacht, werden
Pokémon gesucht. Warum auch nicht?
Auch wenn das entgegen des Mainstreams ist und nun vermutlich gleich virtuelle Steine fliegen: Unser 7jähriger hat ein Smartphone bekommen. Für uns gehört das zur Medienerziehung dazu. Klar ist das Gerät streng reglementiert, Apps kann er nur mit Zustimmung eines Elternteils installieren, Inhalte ab FSK12 sind gesperrt, ebenso youtube, Facebook und Co. Was er aber kann: Einige wenige Spiele, einige Lern-Apps fürs Grundschulalter und natürlich auch einige just-for-fun-Geschichten wie Pokémon Go. Er kann mit Siri, Google und WhatsApp umgehen, er sucht tatsächlich bereits erste Informationen im Netz, er schreibt Oma, Opa und einigen Freunden Nachrichten und kann jederzeit eine Handvoll "Notrufnummern" anrufen. Das gehört meiner Ansicht nach zur Medienkompetenz dazu, die man frühestmöglich erlernen muss. Unsere Kinder wachsen in einem digitalen Zeitalter auf, unweigerlich jeder wird mit Smartphones, Tablets, Computern, Internet usw. zu tun haben, Berufe gänzlich ohne digitalen Inhalte wird es nicht mehr geben. Sie davor beschützen zu wollen ist ungefähr so sinnvoll, wie Kinder nur mit Pferdekutschen zur Schule zu fahren, da der Straßenverkehr gefährlich ist. Da ist der Weg, Kindern frühzeitig die Gefahren des digitalen Lebens aufzuzeigen, ohne ihnen Angst zu machen und ihnen die Nützlichkeit der unbegrenzten Informationsverfügbarkeit zu zeigen, doch der deutlich bessere Weg. Natürlich gibt es wie üblich den Widerstand der Tugend- und Traditionswächter, die gebetsmühlenartig wiederholen, dass auch wir ohne Smartphones groß wurden. Die sich einbilden, sie würden alle Antworten kennen, die nur zwischen schwarz und weiß als Extreme differenzieren. Es gibt die Grauzone zwischen einem klar reglementierten Umgang und dem laissez-faire-Stil, der anzuprangern ist. Auch hier kann man mit Sicherheit auf den guten, alten Paracelsus zurückgreifen: "Alles ist Gift, nichts ist Gift. Die Dosis macht das Gift."

Unsere klaren Regeln sind: Es ist nicht "sein" Gerät, er hat es von uns geliehen bekommen und wir können es jederzeit wieder einkassieren. Das Handy geht nicht mit in die Schule, er darf es erst nach den Hausaufgaben benutzen und geht abends nicht mit ins Kinderzimmer.

Sonntag, 30. April 2017

FDP für Impfpflicht

Der Bundesparteitag der FDP beschließt, sich für eine Impfpflicht einzusetzen. Bravo! Doch schon werden erste Stimmen laut, ob das denn mit dem Liberalismus zu vereinen sei. Man könne doch Eltern nicht das Selbstbestimmungsrecht nehmen. Und das auch durchaus nicht nur von außerhalb, auch innerhalb der Partei vertritt eine laute, emotionale Minderheit diese Ansicht.

Mein Kommentar FÜR eine Impfpflicht und warum das durchaus liberal ist:

Wir akzeptieren eine Gurtpflicht, Kindersitze usw. Weil es vernünftig ist und unsere Kinder schützt. Wir wollen aber zulassen, dass Eltern ihre Kinder umbringen, dass sie an Pertussis, Polio, Tetanus, Epiglottitis oder anderen vermeidbaren tödlichen Krankheiten sterben, da man nicht in das Recht der Selbstbestimmung der Eltern eingreifen will? Schlimmer noch: man soll akzeptieren, dass andere durch das Aushöhlen der Herdenimmunität gefährdet werden? Was kommt als nächstes? Wollen wir uns dafür einsetzen, dass Eltern ihre Kinder körperlich züchtigen dürfen? Eltern ermöglichen, auf medizinische Behandlungen zu verzichten, die lebensrettend sind? Sind ja ihre Kinder...

Ich verstehe nicht, warum man aus rein ideologischen Gründen Kindswohlgefährdung zulassen möchte. Rein um des Prinzips Willen sollen Unschuldige auf dem Altar des Liberalismus geopfert, vermeidbare Todesfälle hingenommen werden. Dass Aufklärung nicht funktioniert, sieht man doch. Absolventen der YouTube-University, school of life und Verschwörungstheoretiker aller Länder wittern die böse, böse BigPharma hinter der ständigen Impfkommission, hinter dem Robert-Koch-Institut und jeder einzelnen Studie über Wirksamkeit von Impfungen. Kein Mythos übers Impfen, keine Story ist zu abstrus, um nicht von Impfgegnern gläubig aus dem Netz gesaugt zu werden. Man vertraut durchgeknallten Esoterikern, nicht aber der übergroßen Mehrheit der Mediziner. Wohlgemerkt, wir reden hier nicht über eine Grippeschutzimpfung, wir reden über Polio, Diphterie, Tetanus und weitere mit absoluter oder hoher Wahrscheinlichkeit tödlich verlaufenden Krankheiten. Auch bei Masern ist die Letalität mit 1/1.000 bis 1/10.000 deutlich zu hoch, als dass das als akzeptables Restrisiko gelten kann. Und jetzt höre ich, dass man verantwortungsvolle Eltern doch nicht bevormunden kann? Bullshit! Verantwortungsvollen Eltern ist eine Impfpflicht völlig egal, sie impfen ihre Kinder! Es geht um die verantwortungslosen Eltern, die das nicht tun. Die Freiheit endet dort, wo die Freiheit anderer eingeschränkt wird. Die Freiheit auf die Selbstbestimmung der Eltern endet bei der Gesundheit ihrer Kinder.

Diejenigen, die uns näher kennen, kennen die Geschichte: Unser Sohn starb um ein Haar, da er sich mutmaßlich bei nichtgeimpten Kindern mit HiB infiziert hat. Bei ihm versagte die Impfung, er wäre beinahe an einer Epiglottitis jämmerlich erstickt und lag mehrere Tage intubiert und beatmet auf der Intensivstation einer Uniklinik. Der behandelnde Professor sagte, dass die nahezu ausgerottete Krankheit, bis in die 80er Todesursache Nummer 1 bei Kleinkindern, wieder auf dem Vormarsch ist. Einen so schweren Fall wie bei unserem Sohn hätte er das letzte Mal in den 80ern gesehen und damals ging das anders aus. Wir haben bis heute mit den Folgen zu kämpfen.

Aber klar: Wir sind Liberale. Wir schreiben anderen nichts vor. Wenn Unschuldige sterben: Scheißegal, weil: Wir sind liberal!

P.S.: Mich macht dieser Beschluss - im Gegensatz zu anderen Beschlüssen - sehr stolz auf die FDP.

Samstag, 22. April 2017

AfD-Parteitag. In Köln. Genau mein Humor.

Mir wurde gestern in einer Diskussion zu diesem Thema gesagt, wir als FDP sollen uns lieber für die Meinungsfreiheit einsetzen anstatt gegen die AfD zu demonstrieren - wie es die Kölner FDP im Schulterschluss mit anderen Parteien und Organisationen macht. Ich verstehe das Argument nicht. Was ist eine Demo denn sonst, wenn nicht gelebte Meinungsfreiheit? Natürlich setze ich friedliche Demonstrationen voraus und setze die "normalen" Teilnehmer ebensowenig mit autoanzündenden linksextremen Chaoten gleich, wie ich Fußballfans mit marodierenden Ultras und Hooligans gleichsetze. 

Aber zurück zum Thema: Meinungsfreiheit ist bekanntlich keine Einbahnstraße und es steht uns gut zu Gesicht, uns gegen völkischen Nationalismus, Isolationismus, homo-, xeno- und Islamophobie zu wenden, klare Kante gegen rechtsextremen Populismus zu zeigen. Meinungsfreiheit bedeutet eben nicht, anderen nicht zu widersprechen.

Abschließend darf die Frage gestellt werden, ob die AfD, die ja nun wirklich nicht bekannt dafür ist, bei ihren Parteitagen offen für Medien zu sein, Köln bewusst und provokant mit Kalkül gewählt hat. Proteste hätte es - zum Glück - sicher überall gegeben. Im bunten Köln allerdings kann mit einer weitaus größeren Mobilisierung des Widerspruchs gerechnet werden. Kann der AfD denn etwas "besseres" als diese mediale Aufmerksamkeit passieren? 


Montag, 17. April 2017

Referendumm

Jede Demokratie hat genau die Führung, die sie verdient. 


Und ja, natürlich ist es erschreckend, wenn 63% der in Deutschland lebenden wahlberechtigten und wählenden Türken für eine Präsidialdiktatur, für die Einschränkung der Menschenrechte, für die Beschneidung der Meinungsfreiheit und für die Todesstrafe stimmen. Erschreckend, besorgniserregend und Fragen die Integration betreffend aufwerfend. Nun aber reflexartig zu fordern, dass diese 63% doch bitte direkt zurück in die Türkei sollen, zeichnet ebenfalls ein interessantes Bild über den Zustand unserer Meinungsfreiheit. Man darf das schon fordern, aber wäre das Referendum abgelehnt worden: Wäre der gleiche Ruf in Richtung feiernder "Nein-Wähler" gegangen? Vermutlich nicht. 


Übrigens: Mehr als die Hälfte der in Deutschland lebenden Türken hat nicht gewählt. Ihnen ist es also weitestgehend egal, wie die Türkei regiert wird. Das relativiert die 63% dann doch deutlich. 


Welche Debatten jetzt aber unaufgeregt und ergebnisoffen geführt werden müssen, sind sicher die Themen doppelte Staatsbürgerschaft, NATO-Mitgliedschaft der Türkei, Bundeswehrsoldaten in der Türkei, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit platzende sog. "Flüchtlingsdeal" auf der einen Seite und genereller Umgang mit demagogischen Populisten und Sinn und Gefahr von Plebisziten bei Entscheidungen solcher Tragweite auf der anderen. Auch bei uns wird immer wieder der Ruf nach Volksentscheiden laut. Schlussendlich ermöglicht es einer hauchdünnen Mehrheit das Diktat über die fast ebenso große Minderheit und spaltet die Gesellschaft noch tiefer. Die Türkei steuert gesellschaftlich, wirtschaftlich und politisch in noch deutlich unruhigere Gewässer. Ich halte die parlamentarische Demokratie für die bessere Wahl. 


Bleibt zu hoffen, dass die Franzosen vor der bevorstehenden Wahl die richtigen Schlüsse ziehen und das türkische Referendum nicht zum Anlass nehmen, ebenfalls Populisten an die Macht bringen.

Dienstag, 4. April 2017

Er ist wieder hier

Darf man über Hitler lachen? Darf Satire alles?



Ja, durchaus. Ich habe geschmunzelt und gelacht. Schon das Buch wusste zu begeistern, der Film nimmt die großartigen Szenen des Buchs auf. Unvergessen die Szene in der NPD-Parteizentrale. Großes Kino! Dennoch ist der Film in weiten Teilen als eigenständiges Werk zu betrachten, der vor allem in der zweiten Filmhälfte immer weiter abweicht.

Bereits das Buch führte einem in beängstigender Art und Weise vor Augen, wie 1933 auch heute möglich wäre. Der Film allerdings wird im Laufe der Handlung vor allem durch den Reportagenstil deutlich unbequemer für den Zuschauer als es das Buch je sein konnte, das Lachen bleibt einem zeitweise buchstäblich im Halse stecken - und zum Ende hin gefror mir persönlich das Blut in den Adern. Wehret den Anfängen? Darüber sind wir weit hinaus... 

Die "Komödie" hinterlässt einen sehr schalen Beigeschmack und einen nachdenklichen Zuschauer. Prädikat: Buch lesens- und Film sehenswert!

Dienstag, 31. Januar 2017

Ein neuer Lebensabschnitt beginnt

Die Gerüchteküche brodelt nun ja schon ein wenig länger, jetzt ist es offiziell. Ja, es stimmt, ich werde den DRK-Landesverband zum 1. Februar 2017 verlassen und als Geschäftsführer bei Ruatti Systems einsteigen.

Ich blicke dankbar auf 15 Jahre ehren- und hauptamtliche Tätigkeit in allen Verbandsstufen des DRK zurück. Eine prägende Zeit, die ich keinesfalls missen möchte. Ich gehe sicher nicht mit zwei lachenden Augen, aber mit Ende 30 muss man sich irgendwann die Frage nach der Perspektive und persönlichen Weiterentwicklung stellen. Wenn ausgerechnet in dieser Phase ein Angebot kommt, das man unmöglich ablehnen kann, dann resultiert daraus ein neuer Lebensabschnitt, auf den ich mich sehr freue!

Selbstverständlich bleibe ich dem DRK verbunden! Wie und in welcher Form ich mich einbringen kann, das wird die Zukunft zeigen. Ich bin mir sicher, dass ich mit vielen alten - und auch nicht ganz so alten - Kolleginnen und Kollegen den Kontakt halten werde!